Dr. med. Josefine Theresia Königbauer

Fachärztin, IBCLC

  • Oberärztin in der Abteilung für Geburtsmedizin der Charité
  • Still- und Laktationsberaterin IBCLC für Frauen mit Risikoschwangerschaften
  • Unterstützung und Betreuung komplizierter Stillverläufe in der Klinik

Vortrag

Schwere Mastitis/Mammaabszess - Zwei Fallberichte mit Streptokokken bzw. MRSA

Paul Rostin und Josefine Königbauer
Einleitung: Die puerperale Mastitis ist eine häufige Komplikation, die vor allem zu Beginn der Stillzeit auftritt und mit dem vorzeitigen Abstillen sowie Komplikationen assoziiert ist. Der häufigste Erreger der Mastitis ist Staphylococcus aureus. Selten können andere Bakterien wie MRSA oder Streptokokken isoliert werden.
Kasuistik (1): Eine 41-jährige 2-Gravida 2-Para stellte sich 2 Wochen nach Re-Sectio mit schmerzhafter Schwellung und Rötung der linken Mamma vor. Zusätzlich berichtete sie über schwere Allgemeinsymptome mit Fieber und Krankheitsgefühl. Ihr 4-jähriger Sohn wurde vor kurzen wegen einer Otitis media behandelt und der Ehemann klagt über Grippe-ähnliche Beschwerden. Wegen der Schwere der Beschwerden wurde die stillende Patientin stationär aufgenommen und eine intravenöse antibiotische Therapie mit Clindamycin wurde initiiert. Zusätzlich erhielt die Mutter eine symptomatische Therapie mit Ibuprofen sowie regelmäßige Unterstützung beim Stillen. In der Milchprobe konnte Streptococcus pyogenes isoliert werden. Es kam zur Abszessbildung im betroffenen Areal, sowie im Verlauf zu einer oberflächlichen Erosion mit Milchfistel. Nach adäquater Behandlung (Drainage nach sonographisch gestützter Punktion, sowie entsprechende Wundauflagen) kam es zur deutlichen klinischen Besserung. Die Stillende konnte den Säugling bis weit ins zweite Lebensjahr hinein stillen.
Kasuistik (2): Eine 35-jährige 5-Gravida 3-Para stellte sich einen Monat nach einer komplikationslosen Spontangeburt mit Fieber, sowie einseitig eitrig-ulzerierter und beidseits schmerzhaften und geschwollenen Mammae vor. Sie berichtete über seit 2 Tagen zunehmende Schmerzen und Austritt von Pus, wegen dem sie seit dem Morgen nicht mehr gestillt habe. Rechtsseitig war eine deutliche Nekrose bis auf das Hautniveau kurz über der Mamille sichtbar. Aufgrund des ausgeprägten Befundes erfolgte die operative Ausräumung beidseits mit Debridement und VAC-Anlage. Wir führten mehrere VAC-Wechsel durch, bevor die Wunden beidseits verschlossen werden konnten. Parallel erfolgte die intravenöse Antibiose mit Clindamycin bei MRSA (Staphylococcus aureus) und die Stillende wurde aufgrund des ausgeprägten Befundes und des schweren Krankheitsgefühls medikamentös abgestillt. Nach 11-tätigem stationären Aufenthalt konnte die Patientin bei relativem Wohlbefinden entlassen werden.
Zusammenfassung: Meist heilt eine Mastitis nach adäquater Therapie und begleitender Stillberatung gut ab. Es gibt jedoch auch seltene komplizierte Formen der Mastitis und Mammaabszess Bildung, die einen interdisziplinären Ansatz erfordern. Bei einem schweren Verlauf sollte man auch immer an seltene Erreger denken und die Therapie entsprechend anpassen.

Die vorgeburtliche Kolostrumgewinnung bei Gestationsdiabetes: Evidenz und Praxis

Josefine Königbauer
Einführung: Ein Gestationsdiabetes (GDM) ist eine erstmals in der Schwangerschaft diagnostizierte Blutzuckerstörung. Kinder von Müttern mit GDM haben ein besonders hohes Risiko unter einer neonatalen Hypoglykämie zu leiden. Frauen mit GDM können einen erschwerten Stillbeginn haben aufgrund verzögerter Laktogenese (um 24h) sowie erschwertes Anlegen bei großen Brüsten/ Adipositas. Das besonders wertvolle Kolostrum, was in den ersten Tagen nach der Geburt produziert wird, hat verschiedene positive Wirkungen und kann bereits vorgeburtlich gewonnen werden. Die Frage ist, ob die präpartale Kolostrumgewinnung eine Reduktion der neonatalen Hypoglykämie, sowie einen geringeren Einsatz von Formula erzielen kann.
Evidenz und Diskussion: Die DAME-Studie (Diabetes and Antenatal Milk Expressing) hat die Sicherheit und Effektivität der vorgeburtlichen Kolostrumgewinnung untersucht. In der multicenter Studie wurden 635 Frauen randomisiert und in zwei Gruppen geteilt: Standardvorsorge und Kolostrumgewinnung. Insgesamt wurden durchschnittlich 5ml gewonnen. Es zeigte sich kein Unterschied in Bezug auf den Geburtszeitpunkt und der insgesamten Stilldauer. Initial ergab sich ein Trend von mehr Frauen, die ausschließlich gestillt haben in der Kolostrumgruppe. In Bezug auf die Neonatologieaufnahme habe es keine Unterschiede. Insgesamt konnte durch die Kolostrumgewinnung kein in dem Sinne messbarer Vorteil für die Neugeborenen festgestellt werden. Es gab jedoch auch keinen Nachteil, wie Frühgeburtlichkeit oder geburtshilfliche Komplikationen.
Zusammenfassung: Die Gewinnung von Kolostrum im späten dritten Trimenon ist eine gängige Praxis, die zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu einer Reduktion der Rate an Neontaologieaufnamen führt. Es ist jedoch möglich, dass diese Praxis das Gefühl der Selbstwirksamkeit der Mutter verstärkt. Außerdem wäre es denkbar, dass die Kolostrumgewinnung auch bei Kindern mit Besonderheiten nützlich ist (IUGR, Fehlbildungen usw.). Weitere Untersuchungen dazu wären nötig.
Moorhead AM, Amir LH, Forster DA, Crawford SB. ‚Is there any point in me doing this?‘ Views and experiences of women in the Diabetes and Antenatal Milk Expressing (DAME) trial. Matern Child Nutr. 2022 Apr;18(2):e13307. doi: 10.1111/mcn.13307. Epub 2021 Dec 22. PMID: 34939318; PMCID: PMC8932693.
Forster DA, Moorhead AM, Jacobs SE, Davis PG, Walker SP, McEgan KM, Opie GF, Donath SM, Gold L, McNamara C, Aylward A, East C, Ford R, Amir LH. Advising women with diabetes in pregnancy to express breastmilk in late pregnancy (Diabetes and Antenatal Milk Expressing [DAME]): a multicentre, unblinded, randomised controlled trial. Lancet. 2017 Jun 3;389(10085):2204-2213. doi: 10.1016/S0140-6736(17)31373-9. PMID: 28589894.

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