Prof. Dr. Christoph Fusch
Kinderarzt
- Pädiatrische Ausbildung an der Universität Tübingen
- Ausbildung in MR-Forschung und Neonatologie in Zürich und Bern, CH
- 1997-2008 Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Neonatologie an der Universität Greifswald
- 2008 bis 2016 erster Inhaber des Jack Sinclair Stuhls für Neonatologie am McMaster Children`s Hospital
- Ab 2016 Professor für Pädiatrie an der Paracelsus Medizinischen Hochschule in Nürnberg
- Derzeit Leiter der Abteilung Pädiatrie am Allgemeinen Krankenhaus Nürnberg
- (Co-)Autor von mehr als 150 wissenschaftlichen Arbeiten
- Zusammenarbeit mit NICUs in Toronto (CDN), Heidelberg, Greifswald, Tübingen (D) und Bern (CH) sowie verschiedenen US-Forschungseinrichtungen
Vortrag
Stillen schützt vor dem Plötzlichen Kindstod - nur: wie denn?
Dass Gestillt-Werden ein wichtiger Schutzfaktor gegenüber dem Plötzlichen Kindstod (SIDS) ist, ist in der Forschung unbestritten. Dieser Faktor dürfte das Risiko auf etwa die Hälfte reduzieren. Nur: wie wirkt dieser Schutzfaktor? Das ist bisher unklar. Es könnte sein, dass die mit Stillen verbundenen häufigeren Mutter-Kind-Interaktionen mit ihrem co-regulierenden Einfluss eine Rolle spielen. Dazu passt allerdings nicht, dass nach manchen Studien auch nur anfängliches „Kurzzeitstillen“ zu schützen scheint. Einen Hinweis könnte in der Beobachtung liegen, dass SIDS in der Neugeborenenzeit – also in der durch neonatale Schutzreflexe gekennzeichneten Entwicklungsphase – deutlich seltener ist als in den Monaten danach. Könnte es sein, dass Gestillt-Werden etwas mit dem „Einüben“ von die Atemwege absicherndem Schutzverhalten zu tun hat?
„Bedürfnisorientiert" - was ist das eigentlich?
Bedürfnisorientierte, bindungsorientierte oder beziehungsorientierte Erziehung kann als Großtrend der letzten zwei Jahrzehnte bezeichnet werden. Allerdings ist unklar, worin sich die Bedürfnisorientierung nun genau zeigt. Hier wird teilweise auf den evolutionsbiologischen Rahmen verwiesen („artgerecht“), teils auf bestimmte Haltungen in der Beziehungsgestaltung zu Kindern (achtsame Kommunikation, nicht schimpfen, nicht strafen usw.). Allerdings nehmen auch die Befürworter eher autoritäre Erziehungshaltungen für sich in Anspruch, sich an den Bedürfnissen der Kinder zu orientieren. Zu guter Letzt weist die Evolutionsbiologie darauf hin, dass im echten Familienleben immer auch eine Bedürfniskonkurrenz herrscht, und Bedürfnisse vielleicht gar nicht auf ihre volle Erfüllung angelegt seien. Was taugt nun also das Konzept der „Bedürfnisorientierung?