Juliane Junge-Hoffmeister

Dr. rer. nat. Dipl.-Psych.

  • Psychologin
  • Studium und Promotion an der Stanford-University in Kalifornien, USA
  • Forschung an der TU Dresden sowie am Universitätsklinikum Dresden
  • Wissenschaftliche Arbeit und Publikationstätigkeit zur Entstehung und familiären Übertragung psychischer Störungen, insbesondere rund um Schwangerschaft und Geburt sowie den klinischen Möglichkeiten zur frühzeitigen Prävention und Intervention bei Mutter und Kind
  • Psychologische Psychotherapeutin für Erwachsene, Kinder und Jugendliche
  • Eigene psychotherapeutische Mutter-Vater-Kind-Praxis
  • Dozentin, Supervisorin und Autorin

Vortrag

„Mutter und Kind sind wohlauf!“ (?) - Das mütterliche Geburtserleben als Prädiktor für die Mutter-Kind-Bindung bei postpartal psychisch erkrankten Frauen

Wie Mütter die Geburt ihres Kindes subjektiv erleben variiert beträchtlich in Abhängigkeit von psychologischen, medizinischen, situativen, interpersonellen und individuellen Faktoren. Bis zu 20% der Frauen entwickeln in Folge der Entbindung traumatische Stresssymptome, 4% sogar eine posttraumatische Belastungsstörung. Ein negatives Geburtserleben stellt dafür einen bedeutsamen Risikofaktor dar und hat damit potentiell Auswirkungen auf die postpartale psychische Gesundheit der Frau sowie die Mutter-Kind-Beziehung.

An der Mutter-Kind-Tagesklinik der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Dresden wurden Interview- und Fragebogendaten von N=141 postpartal erkrankten Frauen zu Psychopathologie, Geburtsverlauf sowie Mutter-Kind-Beziehung ausgewertet. Ca. 47% der Frauen berichteten überwiegend negative Geburtserfahrungen, 57% zeigten ausgeprägte Bindungsprobleme zu ihrem Säugling. Univariate logistische Regressionen ergaben, dass Mutter-Kind-Beziehungsstörungen von negativen Geburtserfahrungen und mütterlicher allgemeiner Psychopathologie, Depressivität und Ängstlichkeit vorhergesagt wurden. Im multiplen Modell prädizierten jedoch einzig negative Geburtserfahrungen eigenständig klinische Mutter-Kind-Beziehungsstörungen (OR=0.96 [0.93-0.98]).

Negative Geburtserfahrungen scheinen somit bei der Entstehung von Störungen der Mutter-Kind-Beziehung eine entscheidende Rolle zu spielen und sollten bei der Behandlung psychischer Störungen in der Postpartalzeit unbedingt berücksichtigt werden. Die Behandlung sollte dabei in einem Eltern-Kind-Setting zur Stabilisierung und Intensivierung der Mutter-Kind-Beziehung erfolgen, um langfristig negative Folgen für die kindliche Entwicklung abzuwenden. Präventiv ist die Vermeidung negativer Geburtserfahrungen gerade für vulnerable Gruppen, z.B. mit psychischen Vorbelastungen bzw. Traumatisierungen durch Gestaltung des Geburtssetting, aber auch Vor- und Nachsorge von großer Bedeutung für Mutter und Kind. Geeignete Ansätze dazu werden diskutiert.

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